Etwas abseits, südlich des Torturmes steht die kleine Kapelle zur Maria Himmelfahrt, die in gotisierendem Stil 1604 erbaut wurde.
Im Jahre 1604 wurde in Finstermünz eine neue Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes geweiht. Die neue Kapelle Maria Himmelfahrt ersetzte die alte, dem heiligen Nikolaus geweihte Kapelle, die nahe der Festung Nauders stand.
Die größte Kostbarkeit der Kapelle bildet der Altar des Barockbildhauers Andreas Thamasch (1639-1697) aus See im Paznaun, der Stiftsbildhauer im Stift Stams war und dort eine Bildhauerwerkstatt führte.
Der eigentliche Altar wird durch einen steinernen Tisch gebildet, an dem der Priester das Messopfer feiert. Die geschnitzte und gemalte Bilderwand dahinter verkörpert die dauerhafte Anwesenheit der göttlichen Gnade, die auf die Gebete der Menschen antwortet. Die Anwesenheit des Göttlichen wurde durch die Darstellung von Heiligen oder eines heiligen Geschehens verbildlicht, das immer in Verbindung mit dem Patronat stand. Diese Darstellungen waren vor allem für Menschen, die weder lesen noch schreiben konnten, von großer Bedeutung. Altäre weisen häufig eine Dreiteilung auf.
Die unterste Altarzone bildet die sogenannte Predella mit 5 Figurennischen. Das Wort Predella ist ein altes Wort für Sarg. Dort wurden ursprünglich Reliquien, die Reste von Heiligen aufbewahrt. Darüber stehen 4 kleine Heiligenfiguren mit der Gnadenbild Muttergottes in der Mitte. Das Gnadenbild steht an Stelle der 1951 gestohlenen thronenden Muttergottes. Mutter und Kind sind beide gekrönt und sie stellen auch von der Kleidung her eine Einheit dar. Auffällig sind die puppenhaften Züge und der schwebende Charakter des Gnadenbildes. In den äußeren Nischen sind der Evangelist Johannes und eine unbekannte Heilige dargestellt. Daneben sind die beiden Jesuitenheiligen Ignatius und Franz Xaver als spätere Beifügungen eingestellt worden.
Im Mittelteil des Altares dreht sich alles um Maria bzw. um das Patrozinium Maria Himmelfahrt. Die Eltern von Maria, Joachim und Anna, sind vom Bildhauer Andreas Thamasch als Rahmenfiguren unter den typischen Akanthusbüscheln eingefügt worden. Sie stehen auf Volutenkonsolen mit Puttenengelsköpfen. Zur Wiedererkennbarkeit der Heiligen werden Attribute (= Kennzeichen) verwendet. Der Opferpriester Joachim wird zum Beispiel durch die Attribute Lamm bzw. Schaufel(Salzschaufel) kenntlich gemacht. Lamm und Salz waren Opfergaben des Priesters Joachim. Als ihn die anderen Priester wegen seiner Kinderlosigkeit verspotteten, zog er sich in die Wüste zurück. Dort erscheint ihm ein Engel und verheißt ihm die Geburt eines Kindes. Seiner Frau Anna erscheint ebenfalls ein Engel und nach der Rückkehr des Joachim treffen sich beide an der sogenannten Goldenen Pforte. Durch die Rahmenfiguren Joachim und Anna wird der Altar selbst zum Portal oder zur Himmelspforte umgedeutet. Das Portal wird durch die marmorierten, mit Goldadern überzogenen gewundenen Säulen gebildet. Anna führt die Tochter Maria schützend und begleitend an der Hand.
Das Tafelbild ist ebenfalls mit 1696 datiert. Als Maler wird Franz Laukas aus Prutz (1690 – 1765) angegeben. Auf Grund der am Altarblatt angebrachten Datierung mit dem Jahr 1696 kann die Zuschreibung zu Franz Laukas nicht aufrechterhalten bleiben. Wir sehen die erstaunten und erregten Apostel gedrängt am leeren Grab. Bei ihnen sind 3 Frauen (Jungfrauen), die den Leib Marias, dem allgemeinen Brauch folgend, gewaschen haben. In der oberen Zone wird Maria von Engeln und Putten begleitet in den gelb leuchtenden Himmel emporgehoben. Die eine Hand legt sie betroffen an der Brust und die zweite hält sie segnend über dem irdischen Geschehen. Der Blick Marias führt in die obere Altarzone, in den sogenannten Aufsatz oder in das Gesprenge, wo sie von der heiligen Dreifaltigkeit erwartet wird und die Krönung Marias zur Himmelskönigin erfolgen soll. Der Tafelmaler folgt in der Konzeption des Bildes der Himmelfahrt Mariens von Peter Paul Rubens in der Liebfrauenkirche in Antwerpen aus dem Jahre 1626. Der Altarbildmaler von Finstermünz verwendet offensichtlich eine Kupferstichvorlage des Antwerpener Himmelfahrtbildes. Die Praxis, Kupferstichvorlagen in Altarbildern umzusetzen, ermöglichte dem Auftraggeber und dem Bildhauer schon vor der Umsetzung eine Vorstellung über das Endprodukt zu bekommen. Dies war in Finstermünz von großer Bedeutung, da das Werk des Malers in engster Verbindung zur plastischen Darstellung der Trinität (=Dreifaltigkeit) in der Altarbekrönung steht.
Die Darstellung des Heiligen Geistes durch eine Person ist eine äußerst seltene ikonografische Besonderheit. Gottvater, Christus und der Heilige Geist werden mit ihren Attributen (Flügel, Szepter und Kreuz) als Herrscherfiguren dargestellt.
Literatur:
Beitrag Projekt Schulprogramm von Wolfgang Rudigier
- Verleger, Herausgeber: Heimat Verlag, 6858 Schwarzach (Kontakt: heimatverlag@gmail.com)
- Idee und für den Inhalt verantwortlich: ARGE Spurensuche Tirol, 6021 Innsbruck